Letzte parlamentarische Initiativen und Abschied von Alexandra Hiersemann, SPD

Liebes EFIE-Team,

vor dem Hintergrund des Legislaturperiodenwechsels möchten wir Ihnen gerne unsere neusten und letzten parlamentarischen Initiativen dieses Mal bezüglich der Beratungs- und Integrationsrichtlinie (BIR) und der „Reueerklärung“ für Geflüchtete aus Eritrea zukommen lassen.

I) Beratungs- und Integrationsrichtlinie (BIR)

Bereits in der Vergangenheit hatten wir uns für eine Überarbeitung und Fortschreibung der Beratungs- und Integrationsrichtlinie (BIR) eingesetzt. Erst Anfang diesen Jahres hatten wir einen entsprechenden Antrag, den wir vollständigkeitshalber nochmal angehängt haben, eingebracht. Vor dem Hintergrund, dass die BIR nun zum 31.12.2023 ausläuft und derzeit seitens der Staatsregierung an einem Entwurf gearbeitet wird, haben wir den derzeitigen Stand in einer Schriftlichen Anfrage erfragt. Diese finden Sie ebenfalls im Anhang. Nachdem das StMI eine Antwort bis Ende Oktober rauszögern wollte, haben wir erfolgreich auf eine umgehende Beantwortung unserer Fragen gedrängt. Die Antworten machen nun leider deutlich, dass es weiterhin dringend nötig ist, den politischen Handlungsdruck aufrechtzuerhalten bzw. zu intensivieren.

Die wesentlichen Hauptpunkte, die sich aus den Antworten ergeben:

  • Ab sofort stehen 700 Vollzeitstellen für die Flüchtlings- und Integrationsberatung bayernweit zur Verfügung. Neben dem Erhalt der ursprünglich gewährten 75 zusätzlichen Stellen in 2024 erhöht der Freistaat diese nochmals um 50 weitere Stellen.
  • Eine Veröffentlichung der neuen Richtlinie im Bayerischen Ministerialblatt wird für diesen Herbst angestrebt.
  • Die bisherige Förderung der Unterstützungskräfte fließt in den neuen Festbetrag mit ein.
  • Trägern mit höheren Löhnen werden eine größere Kappung der maximal förderfähigen Personalausgaben haben, die durch Eigenmittel gedeckt werden müssen.
  • Es ist geplant, dass der Eigenmittelanteil durch Drittmittel finanziert werden kann.
  • Zieht sich ein Träger auf einem Gebiet einer Gebietskörperschaft zurück, werden dessen Stellenanteile grundsätzlich den übrigen vor Ort aktiven Trägern angeboten.
  • Asylverfahrensberatungen sollen auch zukünftig nicht von der neuen BIR III abgedeckt werden.
  • Die Forderung, den Festbetrag an die Tarifstrukturen der Träger anzupassen, wird im aktuellen Entwurf der Beratungs- und Integrationsrichtlinie bezüglich der wöchentlichen Arbeitszeit aufgegriffen.

Kritik:

  • Die leichte Erhöhung der Stellenanzahl ist viel zu gering.
  • Mit einer zeitnahen Veröffentlichung der BIR III ist auch weiterhin nicht zu rechnen. Planungssicherheit für die Träger geht damit völlig verloren!
  • Von dem erhöhten Festbetrag müssen nun auch noch die Unterstützungskräfte gezahlt werden, womit auch hier fraglich bleibt, ob die leichte Erhöhung des Festbetrags tatsächlich ausreichend ist.
  • Ausfüllhilfen von Formularen durch die Träger werden auch weiterhin notwendig bleiben.
  • Bzgl. der staatlichen Anerkennung von Unterstützungskräften als Fachkräfte kommt die Staatsregierung ihrer Verantwortung nicht nach und verschärft damit den Fachkräftemangel. Auch lässt sie keinerlei Ambitionen erkennen, inwiefern dem Fachkräftemangel in diesem Bereich entgegengewirkt werden kann.
  • Die bereits beschlossenen Tariferhöhungen bei den Trägern und damit eine Erhöhung der Personalausgaben werden auch weiterhin nicht hinreichend berücksichtigt. Stattdessen wird argumentiert, dass die in der BIR III geplante Erhöhung der Fördersumme im ersten Förderjahr 2024 auf maximal 69.000 Euro eine Steigerung von 34 % im Vergleich zur BIR II vor der befristeten Sonderförderung beträgt. Dies verkennt völlig die Realität und darf wohl als Schönrechnerei bezeichnet werden. Die „befristete Sonderförderung“ ist ja erfolgt, weil so viele Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind und hier nun leben und entsprechend betreut werden müssen. Dies wird auch aller Voraussicht nach 2024 und vermutlich für die weiteren Jahre der Fall sein und eine Herausforderung für die Sozialen Träger bleiben, die diese Betreuung weithin auffangen und gewährleisten.
  • Die Staatsregierung räumt selbst ein, dass der Eigenmittelanteil bei den größeren Trägern, die die Hauptlast der Arbeit im Freistaat tragen, erhöht wird.
  • Eine Antwort auf die Frage, inwiefern eine zusätzliche Erhöhung der Förderungssumme angestrebt wird, um zumindest die Tariferhöhungen der Wohlfahrtsverbände auszugleichen, bleibt die Staatsregierung weiterhin schuldig.
  • Obwohl die Staatsregierung eine Erhöhung des Eigenanteils bei den Trägern in Kauf nimmt, argumentiert sie, dass „die Probleme bei der Stellenbesetzung […] nicht in der […] BIR III begründet [sind]. Vielmehr ist es eine Kombination aus einer sich verschlechternden Finanzlage der Träger allgemein und dem Fachkräftemangel.“ Die logische Konsequenz, dass dann die Finanzlage der Träger und die Situation der Fachkräfte verbessert anstatt verschlechtert werden müsste, zieht sie aber nicht.
  • Es bleibt völlig offen und unklar, wie konkret die Forderung, den Festbetrag an die Tarifstrukturen der Träger anzupassen, im aktuellen Entwurf der BIR bezüglich der wöchentlichen Arbeitszeit aufgegriffen wird!

Die Sozialen Träger sind also leider weiterhin aufgefordert, den Druck auf die Staatsregierung zu erhöhen, sodass eine zuverlässige Finanzierung sichergestellt wird.

II) „Reueerklärung“ für Geflüchtete aus Eritrea

Wie Sie sicherlich wissen, war es lange fraglich, inwiefern den Geflüchteten aus Eritrea zugemutet werden kann, dass sie eine sogenannte Reueerklärung bei den eritreischen Behörden unterschreiben und damit eine Strafe unbekannten Ausmaßes akzeptieren müssen, um einen Pass zu erhalten und damit ihrer Identitätsmitwirkungspflicht nachzukommen. Vor nun fast einem Jahr gab es hierzu ein grundsätzlicheres Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Das Urteil im Wortlaut findet sich hier: https://www.bverwg.de/111022U1C9.21.0.

Selbst nach diesem Urteil sind die Bundesländer jedoch weiterhin unterschiedlich mit dem Sachverhalt umgegangen; Bayern dabei sehr zu Lasten der Betroffenen. Das BMI hat nun eine Empfehlung an die Länder geschickt, wie hier verfahren werden soll (siehe Anhang). Da aber das BMI bekanntlich nicht weisungsbefugt gegenüber den Ausländerbehörden der Bundesländer ist, kommt es nun darauf an, ob diese ihre Ausländerbehörden entsprechend des BMI-Schreibens anweisen, wie es z.B. Niedersachsen mittlerweile gemacht hat. Die entsprechende Weisung in Niedersachsen haben wir angehängt. Allerdings ist weiterhin unklar, wie Bayern damit umgeht. Da wir sichergehen möchten, dass auch die Bayerischen Ausländerbehörden entsprechend des BMI-Schreibens angewiesen werden, haben wir zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Horst Arnold eine entsprechende Schriftliche Anfrage eingereicht, die wir angefügt haben. Die Antwort der Staatsregierung kann dann auf der Seite des Bayerischen Landtags unter den Drucksachen voraussichtlich ab November entnommen werden: https://www.bayern.landtag.de/parlament/dokumente/drucksachen?dokumentenart=Drucksache

Gerne würden wir Ihnen die Antworten wie immer selbst schicken. Da jedoch Alexandra Hiersemann, MdL, bei der Landtagswahl nicht mehr kandidiert hat, wird dies nicht mehr möglich sein. Daher möchten wir uns gerne auch nochmal auf diesem Wege bei Ihnen verabschieden und uns für die gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren bedanken. Wir wissen Ihr Engagement und Ihre Unterstützung sehr zu schätzen. Wir sind sehr dankbar, dass so viele Menschen in dem Bereich der Flüchtlingshilfe mit vollem Einsatz tätig sind und sind der festen Überzeugung, dass auch das unsere Gesellschaft zusammenhält. Denn man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder verfährt, wie schon Gustav Heinemann feststellte.

Gerade auch vor dem Hintergrund der sich zunehmend verschärfenden Asylsituation kommunal, national und EU-weit sowie des wachsenden Erfolgs der Populisten und Rechtsextremen, wünschen wir Ihnen für die Zukunft alles erdenklich Gute sowie weiterhin viel Durchsetzungskraft, Energie und Einsatz für die gute Sache!

Mit herzlichen Grüßen

Alexandra Hiersemann, MdL

Felix Krauß

Isabelle Auersch

Abgeordnetenbüro

Alexandra Hiersemann, MdL

Friedrich-List-Straße 5

91054 Erlangen

Tel.: 09131 81265 -44

Fax: 09131 81265 -34

www.alexandra-hiersemann.de

Anhänge

23-10-20_20230912-Erlass-ERI-zur-Handlungsempfl.-BMI.pdf

2023-10-20_Laenderschreiben-BMI_Auslaenderrechtliches-Pass-und-Dok.pdf

2023-10-20_Antrag-BIR.pdf

2023-10-20_SAN-Eritrea.pdf

2023-10-20_SAN-BIR-III.pdf